Dienstag, 15. Dezember 2009

Schwarz-rot-blond


Ost-Ennerich (VSE)
14. 12. 09 - Mo

Ach, wie gern ich andres schriebe,
Rom ist tot, St. Peter schweigt,
was ist Tizian, wenn nicht Liebe
mit dem Finger auf ihn zeigt.

Ein wunderschönes Gedicht mit dem Titel ‘Cicerone’ von Meister Peter. (Ich mein natürlich Peter Rühmkorf) Weiter geht’s dann hier.
Es geht mir ja öfter so in der Art, wie es in der Schlußstrophe heißt:

Suche hinterm Horizont,
Deutschland, Deutschland nicht zu deuten,
Unbegreif-, Gewöhnlichkeiten -
schwarz, rot, blond.

Doch bleiben wir bei der ersten Zeile. Da kann man gleich sehen und erspüren, was es mit der Freiheit denn so auf sich hat. Von Zeit zu Zeit geht mir die Zeile durch den Kopf; und ich muß denken, ja, genauso ist es. Würde so gern anderes schreiben, aber dann schreibe ich wieder und weiter über diese Dinge nur. Themen und Probleme, die sich aufdrängen, die sich vom Alltag geführt und arrangiert ganz uncharmant stets aufs neue ins Bewußtsein schieben, über Augen und Ohren Eingang finden und die unbeschwerten Gedanken in Sekundenschnelle wie häßlicher Baulärm übertönen. Dann ist es vorbei mit der Freiheit des Denkens, denn die eigentlichen Themen und Probleme schieben sich in den Vordergrund, in die Aufmerksamkeitszone und fordern nach Darstellung und Behandlung; verlangen nach Äußerung und schreiben sich, sobald man sich darauf einläßt und einen Stift in der Hand hält, quasi wie von selbst. So als wäre im Handstreich eine Redaktion besetzt worden, und die Besetzer diktieren den Redakteuren, was am folgenden Tag auf der Titelseite zu stehen habe. Und Schwung und Leidenschaft, ja Verve haben diese Sätze gewiß, die so hervorquellen und lossprudeln, aber sie sind oft sehr ungehalten und mitunter drastisch und allzu direkt und wenig zimperlich in den Benennungen, also ziemlich starker Tobak, daß ich für gewöhnlich davon absehen muß, sie in dieser eruptiven Gestalt nach außen zu geben. Müssen natürlich geglättet und leider auch entschärft werden, bevor sie rausgehen. Aber daran, daß ich so heftig und allergisch reagiere, erkenne ich, daß die Zeiten jetzt, also heute, in dieser historischen Konstellation, alles andere als normal sind und ich mich weigere, sie als normal anzusehen oder gar noch als ‘gesellschaftlichen’ Fortschritt oder als ‘kulturelle Bereicherung’ zu betrachten; und ebenso daß ich mich nicht damit abfinden werde. Ein Erbteil meiner Großmutter übrigens, wie ich heute ganz sicher weiß. Versprochen, Oma.

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Δ 35.▼

Für wichtige Dinge im Leben
muß man bereit sein zu kämpfen -
selbst wenn man selber
nichts mehr davon hat
bzw. haben sollte.

…Musikspur: ELO - The Diary of Horace Wimp / Discovery…

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