Mittwoch, 10. März 2010

Woran erkennt ma eigentlich...

Ost-Ennerich (VSE)
9. 3. 2010 - Di


Woran erkennt man eigentlich, daß sich eine Zeit, oder besser eine Epoche, eine Ära, sich im Niedergang befindet ? Ach, das ist, glaubich, ein müßiges Unterfangen, soviele Parameter sind’s, die nach unten weisen, soviele Mißstände, an denen man tagtäglich vorüberkommt, ganz zu schweigen von ständig zunehmender Gewalt und Ghettoisierung ganzer Stadtviertel; und nicht nur die häßlichen Grafittis an Häuserfassaden und ebenso auf rollendem Material sind da ein deutliches, ein sprechendes Zeichen an der Wand. Diese Aufzählung kann man sich als Zeitgenosse eigentlich sparen, jeder weiß es - instinktiv, jeder spürt es - im stillen, aber fast alle nehmen sie es weiter hin, bleiben untätig, als wären sie paralysiert. Indizien, Belege, Trends gibt es wahrlich zuhauf und die Entwicklung, bei dem mit Verbissenheit verfolgten Kurs läßt folglich nichts Gutes hoffen. Und warum ist das so ? Weil das nun einmal der Lauf der Dinge ist, denn alles das, was lebt, ist wert, daß es zugrundegeht ?! Aber selbst wenn, sollte man dann die Hände fatalistisch in den Schoß legen, alles und damit jede Zumutung hinfort immer bloß schlucken, mit ohnmächtigem Groll hinnehmen und fortan nur noch griesgrämig dreinschauen, oder wäre es nicht besser sich noch einmal gegen das Schicksal aufzubäumen (wenn es denn überhaupt ein Schicksal ist und nicht ein äußerst perfider Plan) und zunächst für sich ganz allein sein entschiedenes NEIN zu artikulieren, vorerst im stillen, und zu erkennen, daß Einsatz und Kraft und auch Mut vonnöten sind, um gegen den Niedergang anzukämpfen. Und was ist nun der eigentliche Grund für den Niedergang ? Ich denke, das liegt auf der Hand. Es liegt eindeutig an der Führung, an denen also, die die Schaltstellen besetzt haben (und unter sich aufgeteilt) und die den Kahn bzw. Karren steuern. Wenn ein Auto, eine Firma oder ein Tanker vom Weg oder vom Kurs abkommen und einer schweren Havarie entgegentaumeln, liegt dies in den meisten Fällen eben am Fahrzeugführer, an den Chefs oder am Kapitän. Wer nicht steuern kann und mit dem Fahrzeug nicht richtig umzugehen weiß, wird schwerlich einen sicheren Hafen bzw. sicher einen Hafen erreichen. Und genau daran erkennt man, unmißverständlich den Niedergang; den Leuten zunächst schmackhaft gemacht durch süße Dekadenz. Statt einer Elite haben wir vielerorts das schiere Gegenteil; denn es sind vielerorts die falschen Leute nach oben vorgestoßen an die Schalthebel und Steuerräder und denen ermangelt es vor allem an Kompetenz und Weitsicht, zumeist Großschnauzen und Flachpfeifen, die sich das Terrain, also die modernen Pfründe einvernehmlich unter sich aufteilen. Das ist zumeist auch ihr Hauptbegehr und ihr höchstes Bestreben. Und das Wohle des Ganzen, das nun ihrer Obhut anvertraut ist, verlieren sie aus Eitelkeit und geistiger Beschränktheit nur allzu leicht aus den Augen. Der Niedergang ist nicht dem Schicksal geschuldet, sondern allein dem Führungspersonal, das einen falschen, ja einen fatalen Kurs steuert und immer weiter und immer schneller auf abschüssiger Strecke zu Tal rast.


Gestern am 8. war ja jener ominöse Weltfrauenbeauftragten-Tag, der aber offiziell, weil’s eben deutlich kürzer ist normalerweise unter Weltfrauentag firmiert. Aber ehrlich gesagt, geht es an diesem Tag weniger um die Frauen als vielmehr um die Frauenbeauftragten. Denn just an diesem Tage werden, wie ich beruflich bedingt schon erlebt habe, bevorzugt die Frauenkongresse abgehalten, weil ja gerade Weltfrauentag ist, was auf diesen Kongressen dann aber dazu führt, daß sich dort dann fast ausschließlich nur die Frauenbeauftragten von allen möglichen staatlichen und halbstaatlichen Institutionen und aus der Politik, die natürlich Frauen sind, zumindest dem Geschlecht nach, treffen und versammeln und groß palavern von Diskriminierung und noch zu erreichenden Zielen. Was dort für Frauen zusammen kommen ... Ich darf gar nicht dran denken, ich erspar mir lieber den Kommentar, nun, die Emanzipikierten stellen jedenfalls mit großem Abstand die Mehrheit

Da mir diese Weltdingsbumstage wie Welt- (Frauen, Kinder, Nichtraucher usw)-Tage als neue Gedenk- und Feiertage der zivilisiertern Zivilgesellschaft nicht bloß albern anmuten, sondern mich auch ein wenig ärgerlich stimmen, weil ordentlich vom Steuerzahler gepuscht sich die feministischen Netzwerke in ihrer ganzen Drögheit wichtigtuerisch präsentieren können, und zuden eine andere, vergleichbare Mode, jene aufgeblasene Iwent-Hascherei mit diesen sogenannten Tagen der offenen Tür, der offenen Mosche, des offenenen Denkmals usw. grassiert, schlägt mein Spruch heute schön eklig in ebendiese Richtung aus.

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ℓ 47. ℓ


Am Tag der offenen Wunde
werden für 24 Stunden
alle Verbände entfernt.


Und wer bis hierhin drangeblieben ist, findet valleicht das hier auch noch lesenswert. Und der Spruch von damals ist ebenso nicht ganz unpassend.


…Musikspur: Puccini - Tosca / E lucevan le stelle…

Montag, 8. März 2010

Das Land der Lüge

Ost-Ennerich (VSE)
7. 3. 2010 - So

Lügen platzen leicht, je größer sie werden - ganz so wie Seifenblasen; und ähnlich ergeht es den Kartenhäusern, die allzu hoch und prächtig aufgetürmt werden. Eine solche Erkenntnis ist nicht gerade ein Naturgesetz, aber derlei erfährt und versteht jedes Kind. Das Land der Lüge kann somit nicht auf Dauer Bestand haben. Und wie viele Lügen hängen drall aufgeblasen wie Luftballons in der Luft, daß man schon fast den Himmel nicht mehr sehen kann. Ach ja, Lügen und Luftballons haben gar einiges miteinander gemein. Sie wirken nicht nur aufgeblasen, sie sind es auch, sie kommen auch gern in knalligen Farben daher und suggerieren eine schillernde Größe, die unübersehbar ist und so richtig was hermacht und leicht einlullt. Wenn man den Lügen glaubt, also ihnen auf den Leim geht, fühlt man sich auch erst mal in der Stimmung gehoben und wird von der Illusion sanft gewiegt. Aber wehe, es kommt einer dem Luftballon mit eim spitzen Gegenstand oder einer brennenden Zigarette zu nahe ! Nicht anders ergeht es der Lüge, wenn sie mit harten Fakten konfrontiert wird oder ganz uncharmant auf den Prüfstand gestellt wird. Mag sie auch nicht sogleich platzen, sondern erst einmal Risse bekommen, die heiße Luft daraus entweicht doch merklich. Was, wenn nun das ganze Land sich in der Lüge eingerichtet hat, in einer Illusion gefangen ist und jeder geknebelt wird, der statt weiter der Illusion zuzuarbeiten diese als eine solche benennt und auf einen vernachlässigten Bereich namens Wirklichkeit hinweist ! Er hat einen schweren Stand und wird alsbald von den Offizieren der Lüge alsbald kräftig unter Beschuß genommen, wird eventuell sogar aus seim Verein rausgeschmissen, obwohl er eigentlich nicht mehr verlangt, als daß man reale Fakten anerkenne und damit eben die Realitäten, die das Leben in der Gesellschaft unschön und gefährlich machen, endlich zur Kenntnis nehme und darauf angemessen reagiere, vor allem im Hinblick auf die Zukunft. Wider den Stachel des Zeitgeists zu löcken, trauen sich daher nur wenige, zumindest wenn ein Mikrofon in der Nähe ist und sie schon etwas weiter oben in der Hierarchie stehen und dahero etwas zu verlieren haben. Der Irrsinn geht seinen Gang und (fast) alle laufen mit, wenn auch nicht fröhlich und richtig überzeugt.
Jaja, wer die Wahrheit sagt, muß ein schnelles Pferd haben. Oder besser noch einen Maserati ? Nein, auch der Maserati-Mann ist mit seiner nicht unauffälligen Kiste nun doch richtig aufgefallen bzw. aufgeflogen, was dazu führte, daß er sich von seiner stolzen Rakete kurz danach getrennt hat. Ganz sicher nicht aus freien Stücken (sonst wäre er auch gar nicht beim Maserati gelandet), sondern nur allein deshalb, weil sich die Lüge nicht länger aufrecht erhalten ließ. (Stadtrundfahrten durch Problemkieze mit dem als Dienstwagen ausgegebenen Edelflitzer).
Als ich letztens durch die Straßen ging und alles in mich einsog, was ich an Leuten und Gebäuden sah, mußte ich unversehens denken...


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╬ 46.


Wir sind nicht bloß dekadent,
nein, wir sind auch schon
ziemlich degeneriert.


Und dieser Beitrag mit Titel Dummenfang stand vor längerer Zeit in eos-o-ton.

... Musikspur: Gustav Holst - Saturn / Die Planeten ...




Weitere Info hier

Donnerstag, 4. März 2010

Das Zentrum von Rentzum

Ost-Ennerich (VSE)
3. 3. 2010 - Mi

Letztens kam mal wieder Sandra Kas in den Laden und übergab mir, nachdem wir eine Weile angeregt geplaudert hatten, (Und worüber ? Über die Zustände im Land, wovon man ja schon langsam Zustände kriegt), einen kurzen, parabligen Text. Der Text ist knapp und knackig und eigentlich hier gut aufgehoben. Alla dann.


Das Zentrum von Rentzum
befand sich schon seit geraumer Zeit nicht mehr in der Mitte,
sondern lag ziemlich weit links außen.
Warum das so war, wußte keiner so recht,
doch man hatte es geschafft,
die Mitte zu einer gefährlichen Zone zu erklären,
die mit erheblichen Altlasten kontaminiert sei.

Statt eines Spruchs heute eine Rätselfrage:

Wieviel Promille sind ein Heubl ?

Die beiden ersten richtigen Einsendungen erhalten zwei Freikarten für die nächste Lesung im LI-LA Literatur-Laden jetzt am Samstag (oder ein ‘Rauchen-kann-gemütlich-sein-Schild’, falls der Anfahrtsweg zu weit ist


...Musikspur: Rammstein - Engellied...

Mittwoch, 3. März 2010

irgendwie verrutscht gegangen

Ost-Ennerich (VSE)
2. März 2010, Di

Stelle heute mal den Text hier rein, den ich vor zwei Tagen als Einladung für die neue Lesung im LI-LA Literatur-Laden per Emie verschickt habe. Hat auch noch einmal mit dem Winter zu tun, aber aus eim wesentlich erfreulicheren Blickwinkel. Wer hier aus Berlin hin und wieder mitliest und diesen Samstag Zeit und Interesse hat, darf sich ruhig angesprochen fühlen …


Liebe Freunde,
liebe Leser des Apho-Briefs,
die Tage sind merklich länger geworden und der Winter hat sein strenges Regiment fürs erste aufgehoben - ein Hauch von Frühling war in den letzten Tagen durchaus schon zu spüren. Wie angenehm doch endlich wieder festen und trockenen Grund unter den Füßen zu haben und den Mantel nicht mehr zuknöpfen zu müssen. Jetzt so langsam werden die Uhren wieder auf Null gestellt und ein neuer Zyklus schickt sich an zu beginnen. Die Winterstarre fällt nun ab, die Transition durch das dunkle Viertel ist auch bald vollzogen und die Lebensgeister strömen einem von überall her zu.
Wie schön wieder das süße Flöten der Amseln zu hören in früher Morgenstunde ! Dann erst, so will mir scheinen, fängt das neue Jahr eigentlich doch erst wirklich an. Und nicht kurz nach der längsten Nacht am 31. 12. Das habe ich bis heute nicht begriffen, warum gerade in dieser, für gewöhnlich eiskalten Nacht denn Jahr für Jahr der Jahreswechsel stattfinden muß. Daß es mal anders war (wie auch in vielen anderen Regionen der Welt noch immer so gehandhabt), läßt ein Blick auf unsere Monatsnamen zu erkennen, die ab dem 9. Monat der Einfachheit halber numeriert wurden - September, Oktober, November, Dezember. Was auf deutsch also Siebenter, Achter, Neunter, Zehnter meint. Mit anderen Worten beim 'Zehnter' ist Schluß, obwohl es doch der Monate Stücker zwölfe hat, insgesamt ein ganzes Dutzend, (ein dreckiges Dutzend wie es Uli Becker mal in eim gleichnamigen Gedichtzyklus trefflich beschrieben hat.)
Wieso ist da nun etwas verrutscht gegangen, warum hat man das Jahr nicht mehr mit dem Frühling und dessen
holden, belebenden Blick beginnen lassen ? Irgendjemand hat also am Kalender gedreht und das vor langer Zeit, vor 2000 Jahren muß es gewesen sein, denn es war wohl Caesar, der diese Zäsur setzte. Aber warum ist mir bis heute schleierhaft. Es sei denn, ich erklär mir's wie die alten Römer. Nämlich - nomen est omen.

Bevor ich's vergesse,im LI-LA Literatur-Laden beginnen nun wieder die Lesungen und schon am kommenden Samstag geht's los um 20.15 Uhr - mit einer Lesung in eigener Sache bzw. mit eigenen Texten die Spätzeit betreffend mitsamt den Verwerfungen und Absurditäten, die längst Alltag sind.
Am 6. 3. 2010 nun zum Einstieg in die neue Saison:

Eo Scheinder - 'Je später die Zeit ...'

Um so herber die Sprüche. Prägnante Texte zu Zeit, Zeitgeist und Zeitgeschehen ebenso wie pointierte Sprüche über den ganz normalen Wahnsinn einer aus den Fugen geratenen Zeit.
Der Berliner Freestyle-Philosoph Eo Scheinder liest eine aktuelle Auswahl hintersinniger Stücke aus seinen Büchern und Bloggs.

Die Lesung findet statt - im LI-LA Literatur-Laden in Berlin-Charlottenburg, Wilmersdorfer Str. 9 – (Eintritt: 4 Euro, erm. : 3 Euro.)


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Den obigen Spruch hatten wir schon mal, oder ? Dann eben noch einen anderen; war mal Kalenderspruch (Dezember 2008)

☼ 45. ☼


Wenn die Zeit zu sehr
aus den Fugen gerät,
braucht es wieder die Dichter.



Im Raucher-Club ein Originaltext zu eim alten Streit...

...Musikspur: Tanita Tickaran - Twist in my Sobriety...