Donnerstag, 23. September 2010

Gumschen-Deutsch

Ost-Ennerich (VSE)
22. 9. 10, Mi

Neulich mal in der Grantl-,
äh Prantl-Zeitung, also in der Süddeutschen, (die ich schon gar nicht mehr les, geschweige denn kaufe, ebenso wie Die Zeit - ist rausgeschmissenes Geld) einen Satz aus eim Kommentar herausgepickt (via DLF-Presseschau), der wohl so etwas wie eine Pointe sein sollte oder als der zielführende Ratschlag an die stümperhaften Politiker verstanden werden wollte.


Vor allem aber müssten Schulen,
in denen es besonders viele leistungsschwache Schüler gibt, endlich die Mittel und die Hilfe bekommen, die diese brauchen, um besser zu werden.


Hört sich doch ziemlich mausig an,
oder etwa nicht ? Eine Darlegung und Argumentation, wie für die Sendung mit der Maus gemacht, wenn ma den Kindern nur die Sache mit den Mitteln noch mal extra erklären würde. Doch davon später; erst einmal zurück zu diesem ominösen Satz.


Wer soll denn jetzt besser werden -
die Schulen oder die Schöler ? Und vor allem wie, mit welchen Mitteln außer daß der Staat, dh. der Steuerzahler in Millionenhöhe Mittel abdrücken soll Jaja, wenn einer (sagen wir von der öffentlichen Hand) sagt, er habe keine Mittel, so meint er fast immer, es hapert an der Kohle, also am Kies, am Schotter, am Zaster, an den Penunzen, der Knete, den Kröten, dem Pulver, dem Moos, der Asche, eben am Geld oder im schönsten Bürokratendeutsch ausgedrückt - an den Zahlungsmitteln.

Denn aus dieser gravitätischen Verbindung
haben sich dann irgendwann die Mittel abgelöst bzw verselbständigt. Nun, die Sprache hat mitunter recht eigentümliche Kapriolen auf Lager, etwa daß aus eim Spezialwort irgendwann ein recht umfassender Begriff entsteht und der dann ein Eigenleben entwickelt, wie es mit der berühmten ‘Maschine’ geschehen ist.

Die Maschine also als ein ziemlich stationäres,
zumeist kompaktes und schweres Konstrukt zur Erledigung komplexer Abläufe in Rekordzeit ist im letzten Jahrhundert irgendwann regelrecht abgehoben aller technikbedingten Schwere zum Trotz und fliegt seitdem munter durch die Lüfte von Land zu Land und von Kontinent zu Kontinent. Oder wie heißt es so lässig im Fliegerjargon - Mit welcher Maschine fliegen Sie ? Mit der um 17 Uhr oder der um 19.15 Uhr ?

Mutet einem irgendwann drollig an,
wenn ma mal eine längere Weile darüber nachdenkt. Aber auch in diesem Fall ist genau das gleiche eingetreten wie im vorherigen. Zuerst war da eine Verbindung und dann wurde im Laufe der Zeit der bestimmende Wortteil einfach weckgelassen und schwuppdiwupp - aus der Flugmaschine wurde die ominöse Maschine, die man bei Bedarf dann einfach nimmt, um an sein Ziel zu kommen.

Es gibt natürlich noch andere Maschinen,
die vor allem unter schwer oder toll firmieren; das sind die besagten heißen Öfen, die auf nur zwei Rädern ihre gesamte Kraft entfalten. Ja, ma kann zuweilen sogar Menschen dahinter verorten, solche die sich einer Sache total verschrieben haben wie dem Kampf oder dem Sex. Da war doch mal so ein einschlägiger Songtitel von eim schwarzen Macho-Mann. I’m a Sex Machine, ef ég hef ekki rangt fyrir mér ...

Und daß die Maschine so wichtig
und vor allem so selbstverständlich geworden ist, sagt vor allem eins - Wir leben eben im Maschinen-Zeitalter. Wo früher Menschen waren und Gefolge und Bedienstete, sind heute mehr und mehr Maschinen getreten, die vieles genauso gut wenn nicht besser können und die im Normalfall auf Knopfdruck oder per Steuerungssignal funktionieren. Eingerichtet und eingestellt auf die Wünsche des Besitzers.

Der Herr gebietet den dienstbaren Geistern -
dominus vocat. servus advolat et intrat. Aha, der Herr ruft und der Sklave eilt herbei. Ist auch mit ein Grund, warum die Technik gerade heute in unseren demokratischen Zeiten so geschätzt und verehrt wird. Sie vermittelt eben diese besondere Haltung namens Verfügbarkeit. Es ist dieses nonverbale ‘Stets zu Diensten’, das die Geräte und Maschinen ausstrahlen; man wendet sich ihnen zu, geht zum Auto, dreht den Schlüssel herum und alsbald kann ma losdüsen.

Und damit alles wie am Schnürchen,
per Knopfdruck oder über eine anderen Form der Willensbekundung funktioniert, braucht es inzwischen fast bei allen Geräten und Maschinen der Unterstützung des Computers oder zumindest intelligenter Elektronik. Der Herr befiehlt und die Elektronen beginnen zu tanzen. So ungefähr müssen es auch die nerdigen Computerbastler und Software-Entwickler empfunden haben, die zumindest in den Pioniertagen noch so etwas wie eine letzte, wenn auch etwas verquere und linkische Männerdomäne darstellten; denn sie konnten es sich nicht verkneifen, ihre heimlich schlummernden Herrschaftsgelüste für ihren ureigenen Bereich, die Begriffswelt rund um den Compu, zum sprachlichen Standard zu erheben.

Ganz ungeniert griff man auf ziemlich brachiale Bezeichnungen zurück, um zB. die Hierarchie zweier Festplatten zweifelsfrei festzulegen - nämlich als Master änd Slave. Ein kleines Detail nur, aber ein sprechendes, bringt es doch das eigentliche Selbstverständnis jener Entwickler von damals zum Vorschein, die vor allem zwei Ziele verfolgten, eben die Wundermaschine zu schaffen und ihr zu gebieten. Und siehe da ! Das archaische Master-Slave-Verhältnis auf technologischem Wege aktiviert fasziniert die Gemüter. Und besteht nicht jede Computersprache in erster Linie aus Befehlen ?!



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Wenn man irgendwann feststellt,
daß ma über weite Strecken verarscht wurde,
sollte man sich klarmachen,
daß ma es da mit eim
großen Verarscher

zu tun hat.



Ein interessanter Artikel in Sachen Reinlegen hier.



… Musikspur: Al Stewart - On the Border / Year of the Cat …

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