Dienstag, 19. Mai 2009

Komplexitätsmonster


Ost-Ennerich (VSE)
Mo 18. 5. 09

Genauer betrachtet ist die Welt ein ziemliches Komplexitätsmonster, an der sich die Wissenschaft mit immer größeren, monsterhaften Anlagen wie etwa das CERN bei Genf abzuarbeiten versucht. Und zwar wie die gigantischen Dimensionen verraten auf eine ausgesprochen brachiale Weise - nämlich durch eine gezielt ins Werk gesetzte Zertrümmerung der Materieteilchen und -subteilchen. Um dann die Spur des Verlöschens derselben zu interpretieren und daraus neue Erkenntnisse über den Aufbau der Welt und ihrer kleinsten ‘Bausteine’, der Materie zu erzielen. Ob dieser Weg nun wirklich der Weisheit letzter Schluß ist, darf bezweifelt werden. Und überhaupt ist die Wissenschaft, wie hier bei uns im Abendlande über lange Jahrhunderte praktiziert und hochgehalten, keineswegs zu eim geringen Anteil (eher mehr als weniger) dem Spieltrieb vermögender und vielseitiger Männer im nachleidenschaftlichen Alter geschuldet, die unter einer wohlklingenden und respekteinflößenden Fragestellung ihrer Experimentierlust wie auch der Lust am Zerlegen, Zergliedern und Zertrümmern freien Lauf lassen konnten. Die Gegenstände und ebenso die Sachverhalte sind komplexer und komplizierter geworden, keine Frage, doch die Methode, also die Vorgehensweise ist vom Muster her stets die gleiche geblieben. Schon die kleinen Jungs lassen ja mit Vorliebe auf ihrer Modellbahnanlage zwei Loks aufeinanderprallen; nur geben sie sich im Vergleich mit akademischen Spielbuben schon mit eim Schienenkreis im Durchmesser von 1,20 m zufrieden, während die anderen nach dem zehntausendfachen gieren. Ja, manchmal weiß man nicht, ob man lachen oder ob man weinen soll. Wie ich darauf komme ?! War ein interessantes Thema im Anschluß an die Germania-Lesung aus Tacitus letzten Freitag im LI-LA Literatur-Laden.
Und als Spruch auch wieder etwas halbwegs Ätzendes, das sich zum einen auf die erste Zeile und den Titel bezieht und zum anderen die potenzielle Gefährlichkeit auf eine plakative Art wieder in Erinnerung ruft. Der Spruch stand auch schon mal als November-Spruch in den KALENDER-SPRÜCHEN 2007.

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ξ 9. ζ
Die Welt
ist ein vielköpfiges Monster,
das man beständig im Auge behalten muß !

…Musikspur: Lucifer, Allan Parsons Project….

Montag, 18. Mai 2009

Das Wort zum Mondtag

Ost-Ennerich (VSE)
So 17. 5. 09


Vielleicht könnte man den letzten Spruch noch ein wenig modifizieren und ihn quasi mit eim Boden ausstatten, etwa dergestalt: Der Boden der Wirklichkeit ist mit Intrigen unterkellert. Und dies wahrscheinlich schon vom Anfang der Geschichte. Geheime Absprachen im Schutze der Dunkelheit oder an verborgenen Orten hat es seit Urzeiten gegeben. Auslöser ist immer eine Idee, die sich dann in einen erst losen dann festeren Plan konkretisiert und so nach und nach Gestalt annimmt, bzw. in einzelnen Menschen eine Art von Wirksamkeit entfaltet. Und jedes vertrauliche Gespräch, jeder intensive Gedankenaustausch kann potenziell der Ausgangspunkt für eine zu verfolgende Strategie sein, die um Erfolg zu haben, nicht ganz auf Intrigen verzichten kann. Auf das Helle und Klare folgt stets das Dunkle und Schlechteinsehbare wie am Wechsel vom Tag zur Nacht schon früh jedes Kind als wiederkehrenden Rhythmus erfährt. Neben der einen Ebene gibt es immer noch eine andere Ebene und die folgt unterschiedlichen, da eigenen Gesetzen. Über die andere, die zweite Ebene valleicht ein andermal mehr…
Aber schließen soll es auch heute nicht ohne Spruch; in ganz anderer Form, sozusagen eine neue Rubrik mit dem Titel Das Wort zum Mondtag
.

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≤ 8· ≥

Halbbildung
ist auch nicht viel besser
als Dummheit.
Aber wesentlich
gefährlicher !




…Musikspur: Running away, Bob Marley/Kaya….

Donnerstag, 14. Mai 2009

Vom Suchen zum Finden


Ost-Ennerich (VSE)
13. 5. 09 Mi

Das zielstrebige Suchen habe ich ganz bewußt deutlich zurückgefahren; abgesehen von Büchern im Regal und in der Bibliothek und gewünschten Produkten im Supermarkt, nach denen ich Ausschau halte. Das Suchen als solches ist ja ein eher nerviger Vorgang, der umso nerviger wird, je weniger er von Erfolg gekrönt ist oder je knapper die Zeit wird. Eine kreative Suchoperation, wie sie heute mit Gugel und anderen Suchmaschinen im Inet möglich ist, möchte ich allerdings ausnehmen. Denn dort kann man auf die vielfältigste und zuweilen auf eine gar erhellende Art fündig werden. Aber dafür darf man nicht zu sehr zielfixiert vorgehen sondern sollte versuchen, eim Gedanken, einer besonderen Verknüpfung auch wirklich nachzuspüren und vielversprechende Seiten ausgiebiger zu betrachten. Gerade auf diesem Wege habe ich doch einige fulminante Treffer erzielt; und die kamen zumeist so schön unerwartet, wie eine besondere Begegnung, die für länger haften bleibt. Wichtiger als alles Suchen ist immer das Finden, denn nur das Finden löst die kribbelige Spannung, die vom aktiven, hektischen Suchen ausgeht. Ihr zu entgehen gibt es gleichwohl einen Weg - statt zu suchen, sich gleich auf das Finden einzulassen und die Augen sowohl offen wie auch beweglich halten - um dann zu finden ohne zuvor groß gesucht zu haben.


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Ξ 7. Ξ

Die Wirklichkeit
ist mit Intrigen unterkellert.


….Musikspur: Toccata und Fuge, d-moll, BWV 565.…………………….

Mittwoch, 13. Mai 2009

--Ameisenkriege--


Ost- Ennerich (VSE)
Di 12. 5. 09

Hab schließlich schon als Junge gerne dem quirligen Treiben der Ameisen zugeschaut. Und irgendwann auch ein wenig den Experimentator gespielt; wollte damals nach Selbstaussage später mal Forscher werden. Die Forschertätigkeit begann damit, daß ich ein Ameisennest ausgegrub und dann auf eine extra dafür geschaffene Insel im Gartenteich ziemlich brachial umsiedelte und dort dann ausgiebig beobachtete - gelegentlich über Stunden, einen ganzen Sommer lang. Sah da von oben herab auf eine begrenzte, karge Welt, spielte hin und wieder den Cargo-Gott, wenn ich meinen Ameisen ein Häuflein Zucker auf eim Blatt servierte. Aber so richtig schlau wurde ich aus dem wuseligen, hin und quer laufenden Treiben nicht - die Ameisen ließen sich weiter nicht voneinander unterscheiden, allenfalls ein wenig nach der Größe, doch faszinierten sie durch das fremdartige, an Science-Fiction-Kreaturen gemahnende Aussehen. Aber so chaotisch das alles auf den ersten Blick ausschauen mochte, es war vielmehr das Gegenteil, was dort stattfand, nämlich ein weitgehend störungsfreies Zusammenwirken; als seien alle von einem Geist beseelt. Das ließ sich deutlich erkennen, wenn bei Gefahr und Zerstörung des Baus als erstes die Puppen und Eier wie auf ein Kommando sogleich gerettet und in Sicherheit gebracht wurden. Meine Ameiseninsel, lang ist’s her ! Dürfte so etwa zehn Jahre später gewesen sein, da las ich eine ungemein spannende Geschichte zur Thematik Ameisenkriege. (Gut möglich, daß die Geschichte, so oder so ähnlich vom Titel her heißt. Könnte im Playboy gestanden haben.) Aufgezogen war sie mehr als exotische Story, spielte im Entwicklungshelfer- und Forschermilieu irgendwo im tropischen Afrika, Leidenschaft und Forscherblick wechselten sich ständig ab; so gab es spannende, packende Einschübe über Strategie und Kriegführung bei den Treiberameisen. Doch nicht nur geschildert, sondern als natürliche Chiffre gedeutet und dann auf dies und jenes angewandt. Wer diese Geschichte auch mal vor gut zwanzig Jahren gelesen hat und sich vielleicht noch besser erinnert, kann sich ja dann bei mir melden. Wäre nicht die erste verlorengeglaubte Geschichte, die sich irgendwann unerwartet wieder einfindet. So ging es mir mit dieser wunderbaren Fabel, also dem ‘Mann mit den Bäumen’ von Jean Giono.


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א .6 א
Bei den Dingen, die heute geschehen,
ist es von Vorteil Historiker zu sein.
Ob Eroberung, Verdrängung, Bürgerkrieg
oder Kampf der Kulturen -
alles irgendwie und irgendwo
schon mal dagewesen.
Nichts neues unter der Sonne also.


….Musikspur: imperator rex graecorum - estampie / Crusaders…….

Dienstag, 12. Mai 2009

Der Preis der Hybris


Ost-Ennerich (VSE) - 11. 5. 09 Mo -


Fürchte, dieser Zeit ist einfach nicht zu helfen. Sie wird dann wie manch andere zuvor, auf welche man heute zu gern naseweis mit dem Finger zeigt, erst durch beträchtlichen Schaden wieder klug werden - wenn es dann nicht zu spät ist. Denn noch immer ist die Hybris groß im Schwange, wenn nicht unbegrenzt dominierend; und mit der Natur sollte man es sich nicht verscherzen wie auch die Biologie und vor allem deren Gesetze so sträflich mißachten. Die Natur mit Hilfe der (Natur)Wissenschaft in ein Abhängigkeitsverhältnis zu bringen und ihr nach Gutdünken zu befehlen und sie zur reinen Verfügungsmasse zu degradieren, dürfte auf Dauer genauso siegreich sein wie der sogenannte Wissenschaftliche Sozialismus in Gestalt des Dialektischen Materialismus. War ja ebenfalls ein generationenübergreifendes Experiment; und zwar eines mit wenig erfreulichem Verlauf und zum Ende hin mit eim von den allermeisten sehnsüchtig herbeigewünschten Ende.


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5.

Manchmal komme ich mir vor
wie ein Ethnologe beim Langzeit-Feldversuch.

….Musikspur: Liszt - Les Preludes (V. Neumann, Gewandhausorchester Leipzig)...

Ach so.
Interessante Lesung
im LI-LA Literatur-Laden
am Fr. den 15. Mai:
Tacitus - 'Germania'

Montag, 11. Mai 2009

Zeit und Flugzeug


- Ost-Ennerich (VSE) - 10. 5. 09 So -

Die Zeit vergeht mal wieder wie im Flugzeug, nein, ich mein natürlich eher das Gegenteil - die Zeit vergeht wie im Fluge. Mitternacht schon längst vorbei; das soll mich aber nicht schocken und wenn es auch eine Nachtschicht wird. Denn da weiß ich mir mit eim Spruch meines Großvaters zu helfen - dann schlafen wir die Nacht ein wenig schneller. Und Zeit ist eben nicht bloß etwas zum Zählen und Messen. Nicht allein Quantität - und sei sie vor allem gerade in Geld auszumünzen. Der große, wenn nicht der entscheidende Denkfehler dieser Zeit oder soll ich es nicht dynamischer formulieren: dieser historischen Phase, in der wir uns gerade befinden, besteht womöglich darin, Zeit leichtfertig à l’americaine mit Geld gleichzusetzen. Zeit hat aber in erster Linie einen Eigenwert, der beträchtlich schwanken kann und trotz aller Planung und Kalender nicht wirklich geplant und verwaltet werden kann. Zeit bekommt nämlich, wenn sie in eim besonderen Maße spürbar und damit intensiv wird, eine andere Qualität und entzieht sich damit jeder Berechnung. Denn man weiß nie im voraus, ob und wann jenes Flirren hinzutritt und aus gewöhnlicher Zeit besondere Zeit wird. Über Zeit kann man vielfältig spekulieren. Richtungsspur, Ereignishorizont und immer auch der Moment, in welchem etwas geschieht. Oder etwas geschehen muß oder doch wenigstens geschehen sollte. Wie es der Tagesspruch heute zum Thema hat.



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4.


Es ist nun langsam an der Zeit,

von einigen hochgefährlichen
Illusionen Abschied zu nehmen.


….Musikspur: Moonlight Mile - rolling stones / sticky fingers…….

Mittwoch, 6. Mai 2009

Erscheinungsbild und Autfitt

Ost-Ennerich (VSE)
5. 5. 09 Di

Bislang noch ausgesprochen ruhig geblieben auf der Spryche-Seite; aber macht nix, die Menschen sind heutzutage auch schweigsamer geworden, wenn sie nicht gerade geschwätzig sind. Und ständig reden (zu müssen) um seiner selbst willen, ist da schon die nervigere Variante. Nicht umsonst hatten die Alten dafür den Spruch - Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Wer zuviel quasselt, geht leicht seinen Mitmenschen auf den Geist, stellt sich unversehens selber bloß (vor allem im Suff) und ist darüber hinaus auch leichter sein Gold los, sofern er welches hat.
Der NEUE-SPRÜCHE-Blogg fängt ja gerade erst an und ist so etwas wie ein klitzekleines Inselchen in den unüberschaubaren Weiten des Inets, das der Entdeckung harrt…
Für heute nun ein Spruch, der mir nicht immer aber immer öfter in den Sinn kommt, wenn ich auf den Straßen und Plätzen unterwegs bin… (Wird sicher nicht der letzte zum Erscheinungsbild und Autfitt der Zeit wie auch der Zeitgenossen gewesen sein.)
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ح .3 ح

Noch niemals in der Geschichte
hatten die Leute in der breiten Masse
mehr Klamotten im Schrank hängen,
aber praktisch niemals zuvor
waren sie in der überwiegenden Mehrzahl
auch so bescheuert,
dh. so stillos, ja geschmacklos
angezogen wie heute.

-----Musikspur: ‘Es hett ein Biedermann ein Weib’ (Ludwig Senfl)-----